Donnerstag, 1. März 2012

Förstukvist, die Eingangsveranda

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verbreitete sich in Schweden der sog. Schweizerstil, fein ausgesägte Dekorationen schmückten Teile des Hauses, besonders an den Veranden und den überdachten Hauseingängen,  förstukvist genannt, erkennt man die snickarglädjevilla, wobei der Begriff snickarglädje soviel wie Freude am Schnitzen bedeutet.



 Wir hatten das Glück, gleich zu Beginn unserer Renovierungsarbeiten Liselotte Jarnerup Nilsson  zu treffen, die damals an ihrem Buch Snickarglädje och blomdoft arbeitete und dafür auch Bilder in Virserum, u.a. von unserem Haus machen wollte. Sie gab uns eine Unmenge Anregungen zur behutsamen Renovierung, und überzeugte uns davon, die alten Bauteile möglichst zu bewahren.



Als 2007  ihr Buch im Ica Bokförlag erschien, konnten wir unser Haus tatsächlich darin wiederfinden.




 Das Buch enthält nicht nur eine Übersicht über die Geschichte der Snickarglädjehäuser der Jahrhundertwende, und Anleitungen zur Reparatur und Erhaltung von Fenstern und Hausverzierungen, sondern auch eine Menge Informationen zur zeittypischen Bepflanzung der zu diesen Häusern gehörenden Gärten.


 

Der Zustand unseres förstukvists war erbärmlich, wo die Farbe nicht vollständig abgewittert war, hing sie in Placken herunter, zum Teil war sie so dick aufgetragen worden, dass alle Feinheiten der Verzierungen damit zugespachtelt waren.




Liselotte riet uns, für den neuen Anstrich nach dem gründlichen Abkratzen wieder die traditionell verwandte Leinölfarbe zu verwenden, sie benannte die benutzten Pigmente und mit Hilfe der Rezepte in ihrem Buch konnten wir die Farbe dann selber herstellen und dadurch eine Menge Geld sparen.


Hier sind bereits die Verzierungen abmontiert und Teile der Ständer und des Geländers durch Abkratzen und, wo nötig, durch Erwärmen mit einer Heißluftpistole von der alten Farbe befreit.

Die Hauptverzierung unseres Hauses ist besonders kunstvoll ausgeführt, sie ist nicht nur konturgesägt sondern auf der Vorderseite durch Holzschnitzerei plastisch herausgearbeit und stellt geflügelte Löwen dar. 
Virserum war von 1880 bis 1980 ein Zentrum der schwedischen Möbelindustrie und viele Einwohner waren in den Möbelfabriken beschäftigt. Hier wurden handwerksmäßig reichverzierte Eichenmöbel in kleinen Serien hergestellt.
Die letzten Bewohner des Hauses waren Johann Westring (1878-1959), seine Frau  Hilda (1882-1972) und ihr ältester Sohn Gösta (1911-1965), beide Männer waren als Möbelschnitzer in Virserum tätig.
Da die Verschönerungen der Häuser häufig von den Bewohnern selbst vorgenommen wurden, steht zu vermuten, dass Johann Westring diese ungewöhnliche Schnitzerei angefertigt hat.


Beim vorsichtigen Abtragen der alten Leinölfarbe war zu erkennen, dass der erste Anstrich hellgrau gewesen war, erzeugt durch kimrök, ein billiges Pigment das aus Ruß besteht. Auf den Löwenkörpern konnte man aber noch Reste von Blattgold sowie rote Farbe im Maul erkennen.


Die schmalen Bänke, rechts und links der Tür waren nicht mehr tragfähig und so mußen wir uns in der Zeit, bis wir die neuen etwas breiteren und somit bequemeren Bänke gebaut hatten, mit unseren Klappstühlen begnügen.


Hier haben die Ständer schon ihren ersten deckenden Anstrich erhalten. Das freigekratzte Holz wurde einmal mit Balsamterpentin gestrichen und danach mit Leinölfarbe, pigmentiert mit Englischrot. Leinölfarbe wird recht dünnflüssig angerührt und dann mehrmals sehr dünn appliziert, die Trocknung nimmt jeweils einige Tage in Anspruch, das dürfte der Hauptgrund sein, dass diese sehr angenehm zu verarbeitende und ausgesprochen haltbare Farbe heutzutage kaum noch benutzt wird.



Liselottes Buch behandelt sehr umfangreich die verschiedenen Typen  der schmückenden Details an Geländern, Eckverbindungen, Dachabschlüssen und, und, und...
Mit ihrer Hilfe konnten wir einige Holzteile, die zerbrochen und verfault unter den Bänken im förstukvist lagen, zuordnen, wie die krönchenverzierten vindskivor  und die kronspira, deren Einzelteile Liselotte für uns zusammenpuzzelte.


Diese Teile waren allerdings so zerstört, dass wir sie komplett nachbauen mußten.


2009 war es dann endlich soweit. alle Teile waren drei mal mit Leinölfarbe gestrichen und wieder montiert worden und nach vielen, vielen Jahren hatte auch das Blechdach wieder seine ursprüngliche Verzierung.











7 Kommentare:

  1. Hach, schön; und hochinteressant obendrein!
    Ich finde es immer wieder großartig, daß es Menschen wie Euch gibt, die sich die Mühe machen, bewährtes Altes zu erhalten bzw. wiederherzustellen.
    Toll.

    LG Elena

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  2. wow das ist ja traumhaft schön ,und wenn man dann den unterschied voeher nachher sieht das ist gewaltig, kompliment dass ihr das wieder so herstellt ,und erhaltet gruss renata

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  3. Dieses Buch findet man auch hier und weil auch wir ein altes Sommerhaus haben, sehe ich gerne, was andere mit ihren alten Häusern gemacht haben. Farstukvist haben wir, aber leider nicht mit snickarglädje, die in Sommerhäusern auch hier in West-Finnland recht üblich sind.
    Ihr seid unglaublich tüchtig!

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    1. Liselotte hat viele "Schnittmuster" in ihrem Buch, damit könntet ihr euren Farstukvist selbst verzieren, wie wär´s damit?
      Gibt es auch schon ihr Buch von 2011 - Fönster och dörrar på äldre hus - in Finnland?

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  4. Euer Haus ist das Schönste überhaupt. Gilt die Dauereinladung noch???

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  5. Wunderschön, einfach ein Traum! Grüße, Petra

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