Samstag, 30. Dezember 2023

Rest-Ketten

 

Immer wieder findet man auf den schwedischen Flohmärkten die kleinen Zweischaft-Webstühle mit 35 cm Webbreite, die früher in Krankenhäusern und Altersheimern in der Rehabilitation und Beschäftigungstherapie eingesetzt wurden. Meist sind sie sehr preiswert, oft etwas reparaturbedürftig und ab und an noch mit einer angefangenen Kette bestückt, die im Allgemeinen im Laufe der Jahre ziemlich in Unordnung geraten ist.

Einige meiner Emma- und Bohus-Webstühle waren mit Resten von Teppichkettgarn bespannt, die habe ich gern für Spielereien mit Stoffstreifen im Schuß genutzt.


 

Manchmal habe ich aber auch Kettreste für Tischläufer vorgefunden, wie hier bei diesem kleinen Webstuhl. Auch wenn mir die Muster nicht unbedingt gefielen, habe ich die Kette in Ordnung gebracht und den Stoff zu Ende gewebt, ich schaffe es einfach nicht, Verwebbares in den Müll zu werfen.

 

 

In diesem Fall konnte ich noch fast 8 Meter abweben.


 

Die Kette dieses 2-Schaft-Webstuhl war viel kürzer, trotzdem habe ich sie noch genutzt.  

Ich habe das angefangene, schmale Ripsgewebe abgeschnitten, die Kette neu mit einer weiteren Einstellung in den Kamm gezogen und dann in normaler Leinwandbindung zwei Handtücher gewebt. 

2016 habe ich in meinem Beitrag  Streifenmuster der 70er Jahre  über die beiden Gewebe geschrieben. 

Damals gefielen mir weder die Streifenaufteilung noch die Farben, heute gefallen mir diese Läufer aus den 70er und 80er Jahren aber plötzlich wieder ganz gut.

 

 
 
 
Als ich in diesem Herbst, in einem Loppis in Eksjö, einen Bohuswebstuhl mit Wasserflecken, einer einseitig fehlenden Kammbefestigung und einer völlig wirren Kette für nur 150 Kronen sah, war es daher auch die Rest-Kett, die mich zum Kauf verleitete.


 

Nachdem ich ein paar unentwirrbare Randfäden verworfen und einige Fäden aus den roten Farbstreifen entfernt hatte, damit die Streifenbreite wieder symmerisch wurde, habe ich die verbliebene Kette neu durch Litzen und Kamm gezogen und konnte mit dem Weben beginnen.

 


 

Um bei der kurzen Kettlänge den Abfall zu minimieren, habe ich die Kette vorne über verknotete Bündel angebunden.


 

 
Bis auf das weiße Baumwoll - Frotteegarn in den schwarz-weißen Effektstreifen handelte es sich beim Kettmaterial wie üblich um Cottolin. Der Kamm hatte die Einteilung 45/10, mit je 2 Fäden im Riet kam ich auf 9 Fäden pro Zentimeter.



 
Ich hatte noch sehr altes, gespultes, dünnes Leinengarn - auch vom Loppis - bei meinen Vorräten.
 
 
 
  
Doppelfädig neu aufgespult, sollte es mein Schußgarn für die alte Läuferkette werden.
 
 
 

 
 Das kurze Stück war natürlich schnell fertig gewebt.
 

 

 
 Gesäumt, gewaschen und gebügelt ist der Läufer nun 1,20 m lang und 23 cm breit.
 
 

 
 
 
 

Mittwoch, 29. November 2023

BLAU - Tischläufer und Schal

 


In diesem Jahr war ich in der vävstuga in Virserum hauptsächlich mit der Neueinrichtung unseres Damastwebstuhls beschäftigt und habe außer ein paar Probestücken am Damastwebstuhl kaum etwas gewebt.

Tatsächlich habe ich nur noch ein kleines Reststück einer ehemals langen Kette in einen kurzen Tischläufer verwandelt. Die 8-schäftige Drällkette war aus Cottolin, gewebt habe ich mit dunkelblauem Leinen.

 

 

Weil ich nicht wusste, wie weit die Kette reichen würde, habe ich das ursprüngliche Muster stark vereinfacht und so den Rapport verkürzt.

 


Für meine Kommode ist der kleine Läufer gerade groß genug.

 

 
 
Ich mag die Farbe Blau
 


 
Blau mit anthrazit ist deshalb auch ein neuer Schal auf dem 30 cm kleinen  Eitorfer Webrahmen geworden.

 


Das Muster mit zwei verschiedenen Streifenbreiten, hatte ich Anfang des Jahres schon einmal in Rottönen auf dem Esslinger Webrahmen gewebt.



  
Hier fehlt nur noch der Befestigungsstich...

 


 ...und natürlich noch das Fransendrehen.



 

Es ist kalt und es schneit gerade wieder, der Schal ist zur rechten Zeit fertig geworden :-)


 






Sonntag, 29. Oktober 2023

Eine kleine Wolldecke

 

Es ist Herbst, die Tage werden kälter, wir hatten sogar schon etwas Schnee in Virserum und mein Lieblings-Lesesessel steht in der Nähe einer Tür, durch die es unten ein bisschen zieht.


 

Aber eine kleine, wärmende Wolldecke war schnell gewebt.

In meinem Fundus hatte ich noch je 200 g Socki fine Strumpfwolle von Adlibris in schwarz und hellgrau, das sollte für die gewünschte Größe der Decke reichen.

 

 

Ich hatte noch nie engelsk tuskaft gewebt, gibt es dafür einen deutschen Begriff ? 

Dieses interessante Muster, das nur 2 Schäfte und 2 Tritte erfordert, hatte mich schon lange fasziniert. Gewebt habe ich es hier aber in der 4-Schaft Version auf meinem selbstgebauten Lotta-Webstuhl

 

 

Wie die abgebildete Patrone zeigt, ist es tatsächlich möglich diese Panama-Variation mit nur 2 Schäften zu weben, daher will ich die Bindung demnächst auf einem meiner kleinen  sog. Schul-Webrahmen für einen Schal einsetzen.



 

Ich habe die volle Webbreite von 80 cm genutzt und eine schwarze Kette mit 5 Fäden pro Zentimeter auf den Webstuhl gebracht. Socki fine Wolle von Adlibris hat eine Lauflänge von 425 m/100g. Meine Schussfarbe war hellgrau.

 


Das Detailbild zeigt, dass ich mit nur 3 flottierenden Fäden bei der gewählten Einstellung und dem dünnen Garn keine Musterquadrate erziele. Da mir das Muster trotzdem gut gefiel, habe ich keine Änderung an Einstellung oder Fadenanzahl in den Flottierungen vorgenommen.


 
Der Anfang ist gemacht, als eine Art Umrandung hatte ich an den Seiten einen schmalen Bereich Leinwandbindung eingezogen, den werde ich beim nächsten Mal wohl etwas breiter machen.
Außerdem gefiel mir der blaue Wollfaden gut, den ich zum Ausgleich der Lücken bei der Kettanbindung eingeschossen hatte sehr gut. Meinen geplanten Schal will ich daraufhin mit kontrastfarbigen Enden versehen.
 

 
 
Vergleicht man die Bilder oben und unten, sieht man, dass mein Webstuhl eine kleine "Aufrüstung" erfahren hat. Ein schmaler, aufgeklebter Metallstreifen sorgt dafür, dass ich meine Spickzettel nun mit Hilfe von Magneten befestigen kann. :-)
 

 
 
Den Anfang und das Ende des Gewebes habe ich mit einem kleinen überwendlichen Stich gesichert und die Decke kann nun vom Webstuhl genommen werden, ohne dass sich Schussfäden lösen.
 


 Das Fransendrehen per Hand mit je 6 Fäden nahm ganz gut Zeit in Anspruch.

 


 

Die Detailaufnahme zeigt den gewaschenen und gebügelten Stoff.

 


Die Decke ist mit 1,70 m länger geworden als beabsichtigt, ich hatte mit wesentlich mehr Einsprung und Webabfall gerechnet. Tatsächlich kann ich sie nun auch als Stola nutzen.

 






 

Freitag, 29. September 2023

"Schwedische Gardinen"

 

 

Als ich meine erste eigene Wohnung einrichtete, galten Gardinen - zumindest in meinem Freundeskreis - irgendwie als unmodern und piefig.

Offenbar habe ich diese Einstellung nie so richtig überwunden, denn in keiner meiner späteren Behausungen waren die Fenster mit schmückenden Gardinen versehen, sowohl in Schweden als auch in Deutschland gibt es nur Rollos oder Jalousien, wo sie als Blick - oder Sonnenschutz unbedingt nötig sind und ich habe den Eindruck, dass ich in Deutschland damit alleine bin.

Ganz anders sieht die Situation in Schweden aus, selbstverständlich haben auch hier nicht alle Leute Gardinen vor den Fenstern aber hier scheinen Fenstervorhänge einen größern Stellenwert zu haben. Nicht nur früher sondern auch noch heute, ist es für viele Schweden  ganz normal im Jahresverlauf die Gardinen zu wechseln, im Frühjahr gibt es andere als im Sommer oder Herbst und selbstverständlich sieht man in manchen Fällen auch schon an den Gardinen, dass die Weihnachtszeit angebrochen ist.

 

 
 
Das hier war bestimmt einmal eine Weihnachtsgardine, leider sind die feinen, eingewebten Goldfäden auch auf dem Detailfoto nicht sehr gut zu erkennen. 
Ich habe die großen Stoffbahnen in einem Korb gefunden, der mir zusammen mit einem Webstuhl geschenkt worden ist und der Material für Flickenteppiche enthielt.
 
 


Vor einiger Zeit habe ich damit begonnen, die Weihnachtsgardinen nach und nach in Streifen zu schneiden, um daraus Auflagen für Gartenmöbel zu weben.

 

 
 
 
Vielfach sind es sind es relativ schmale Stoffstreifen, sog. gardinlängder, ich glaube, bei uns nannte man so etwas Schals, die seitlich das Fenster einrahmen aber sich gar nicht über die ganze Breite ziehen lassen.


 

Diese Gardine hat mir eine schwedische Freundin zur Weiterverwertung geschenkt, nachdem sie sie bei sich zu Hause ausgemustert hatte.

 

 

Aus einem anderen schmalen Gardinenschal, den ich vor Jahren geschenkt bekam habe ich damals Kissen für unser Gästebett genäht.

 


 

Den türkisfarbenen Gardinenschal mit dem Blattmuster benutze ich als Tischläufer, die unifarbene Gardine wartet noch auf ihre Bestimmung.

Gardinlängder findet man durch die schwedische Gardinenwechselei wirklich zuhauf und für wenig Geld auf jedem loppis, den schwedischen Flohmärkten und Second Hand Läden.

 


Diese beiden Bilder zeigen einen Ausschnitt des gestrigen Angebots bei Emmaus und Erikshjälpen in Växjö.

 


 

Immer wieder kaufe ich interessant gemusterte loppis-Gardinen und lege sie zu meinen Stoffvorräten. Als ich jetzt im August in Deutschland war, habe ich mir aus zwei schwedischen Gardinenlängen eine leichte Jacke genäht. 


 

Auch das dabei verwendete Schnittmuster der dänischen Kette Stof & Stil habe ich irgendwann einmal auf einem schwedischen Loppis ergattert.

 

Die Grundteile sind zusammengenäht.



Hier nähe ich noch den Kragen.

 


Zum ersten Mal benutze ich den Spezialfuß für das automatische Nähen von Knopflöchern, der mit meiner neuen Nähmaschine kam. 

Lange kam mir das seltsame Teil suspekt vor, aber nun bin ich tatsächlich begeistert.

 


 

Bevor man den Fuß befestigt, klemmt man den Knopf, den man verwenden will, in das hintere Ende ein (hier links). Dadurch wird automatisch die richtige Länge für das des Knopfloch genäht. Der Knopflochhebel rechts hinten am Kopf der Maschine wird heruntergelassen. Dann wählt man den Knopflochtyp über die Mustertabelle aus. Die Markierungen am Fuß helfen bei der Positionierung auf dem Stoff und nun muss nur noch "Gas" gegeben werden. Wenn das Knopfloch fertig ist, stoppt die Maschine automatisch.

 

 
 
Die Jacke ist ein 100 prozentiges Recyclingsprodukt, selbst die Perlmuttknöpfe stammen von Flohmarkt. :-)
 

 
 
Da die Stoffbreite bei den beiden Gardinenschals nur ca. 55 cm betrug, musste ich im Rückenteil eine Naht machen. Bei dem wilden Muster fällt das aber nicht allzu negativ auf.
 
 
 
 
Die Textilkünstlerin Elisabet Jansson, hat auf ihrem Blog Textila Inslag  vor ein paar Jahren einen netten kleinen Beitrag zum Thema "Gardinenwechsel" geschrieben. 
Sie gibt darin einen Dialog zweier Engländerinnen wieder, bei der die eine der anderen fassungslos erzählt, dass die Schweden zu allen möglichen Gelegenheiten die Gardinen wechseln: Weihnachtsgardinen, Ostergardinen, Sommergardinen usw. 
Nett sind auch die Kommentare einiger Schwedinnenn die ebenso fassungslos sind, dass man das nicht überall so macht...

https://textilainslag.wordpress.com/2015/11/29/byta-gardiner/#comments
 
 

 
Detail meiner schwedischen Gardinenjacke.