Freitag, 29. September 2023

"Schwedische Gardinen"

 

 

Als ich meine erste eigene Wohnung einrichtete, galten Gardinen - zumindest in meinem Freundeskreis - irgendwie als unmodern und piefig.

Offenbar habe ich diese Einstellung nie so richtig überwunden, denn in keiner meiner späteren Behausungen waren die Fenster mit schmückenden Gardinen versehen, sowohl in Schweden als auch in Deutschland gibt es nur Rollos oder Jalousien, wo sie als Blick - oder Sonnenschutz unbedingt nötig sind und ich habe den Eindruck, dass ich in Deutschland damit alleine bin.

Ganz anders sieht die Situation in Schweden aus, selbstverständlich haben auch hier nicht alle Leute Gardinen vor den Fenstern aber hier scheinen Fenstervorhänge einen größern Stellenwert zu haben. Nicht nur früher sondern auch noch heute, ist es für viele Schweden  ganz normal im Jahresverlauf die Gardinen zu wechseln, im Frühjahr gibt es andere als im Sommer oder Herbst und selbstverständlich sieht man in manchen Fällen auch schon an den Gardinen, dass die Weihnachtszeit angebrochen ist.

 

 
 
Das hier war bestimmt einmal eine Weihnachtsgardine, leider sind die feinen, eingewebten Goldfäden auch auf dem Detailfoto nicht sehr gut zu erkennen. 
Ich habe die großen Stoffbahnen in einem Korb gefunden, der mir zusammen mit einem Webstuhl geschenkt worden ist und der Material für Flickenteppiche enthielt.
 
 


Vor einiger Zeit habe ich damit begonnen, die Weihnachtsgardinen nach und nach in Streifen zu schneiden, um daraus Auflagen für Gartenmöbel zu weben.

 

 
 
 
Vielfach sind es sind es relativ schmale Stoffstreifen, sog. gardinlängder, ich glaube, bei uns nannte man so etwas Schals, die seitlich das Fenster einrahmen aber sich gar nicht über die ganze Breite ziehen lassen.


 

Diese Gardine hat mir eine schwedische Freundin zur Weiterverwertung geschenkt, nachdem sie sie bei sich zu Hause ausgemustert hatte.

 

 

Aus einem anderen schmalen Gardinenschal, den ich vor Jahren geschenkt bekam habe ich damals Kissen für unser Gästebett genäht.

 


 

Den türkisfarbenen Gardinenschal mit dem Blattmuster benutze ich als Tischläufer, die unifarbene Gardine wartet noch auf ihre Bestimmung.

Gardinlängder findet man durch die schwedische Gardinenwechselei wirklich zuhauf und für wenig Geld auf jedem loppis, den schwedischen Flohmärkten und Second Hand Läden.

 


Diese beiden Bilder zeigen einen Ausschnitt des gestrigen Angebots bei Emmaus und Erikshjälpen in Växjö.

 


 

Immer wieder kaufe ich interessant gemusterte loppis-Gardinen und lege sie zu meinen Stoffvorräten. Als ich jetzt im August in Deutschland war, habe ich mir aus zwei schwedischen Gardinenlängen eine leichte Jacke genäht. 


 

Auch das dabei verwendete Schnittmuster der dänischen Kette Stof & Stil habe ich irgendwann einmal auf einem schwedischen Loppis ergattert.

 

Die Grundteile sind zusammengenäht.



Hier nähe ich noch den Kragen.

 


Zum ersten Mal benutze ich den Spezialfuß für das automatische Nähen von Knopflöchern, der mit meiner neuen Nähmaschine kam. 

Lange kam mir das seltsame Teil suspekt vor, aber nun bin ich tatsächlich begeistert.

 


 

Bevor man den Fuß befestigt, klemmt man den Knopf, den man verwenden will, in das hintere Ende ein (hier links). Dadurch wird automatisch die richtige Länge für das des Knopfloch genäht. Der Knopflochhebel rechts hinten am Kopf der Maschine wird heruntergelassen. Dann wählt man den Knopflochtyp über die Mustertabelle aus. Die Markierungen am Fuß helfen bei der Positionierung auf dem Stoff und nun muss nur noch "Gas" gegeben werden. Wenn das Knopfloch fertig ist, stoppt die Maschine automatisch.

 

 
 
Die Jacke ist ein 100 prozentiges Recyclingsprodukt, selbst die Perlmuttknöpfe stammen von Flohmarkt. :-)
 

 
 
Da die Stoffbreite bei den beiden Gardinenschals nur ca. 55 cm betrug, musste ich im Rückenteil eine Naht machen. Bei dem wilden Muster fällt das aber nicht allzu negativ auf.
 
 
 
 
Die Textilkünstlerin Elisabet Jansson, hat auf ihrem Blog Textila Inslag  vor ein paar Jahren einen netten kleinen Beitrag zum Thema "Gardinenwechsel" geschrieben. 
Sie gibt darin einen Dialog zweier Engländerinnen wieder, bei der die eine der anderen fassungslos erzählt, dass die Schweden zu allen möglichen Gelegenheiten die Gardinen wechseln: Weihnachtsgardinen, Ostergardinen, Sommergardinen usw. 
Nett sind auch die Kommentare einiger Schwedinnenn die ebenso fassungslos sind, dass man das nicht überall so macht...

https://textilainslag.wordpress.com/2015/11/29/byta-gardiner/#comments
 
 

 
Detail meiner schwedischen Gardinenjacke.
 

 

 

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