Samstag, 30. März 2019

Damastweben - Bau eines einfachen Harnischaufsatzes

Vor ca. 4 Jahren haben wir unsere erste Zugeinrichtung zum Damastweben gebaut. 
Damals war es eine Zampelausrüstung, bei der über Zugschnüre ganze Schäfte mit ihren Musterlitzen ausgehoben werden, auf englisch: Pattern Shaft Drawloom genannt.
Posts zum Bauplan und über das Einrichten des Zampel-Webstuhls finden sich hier im Blog. Unter den angegebenen Links gibt es auch Hinweise zu Literatur und Filmen, die Damastweberei betreffend.


Ich kannte seinerzeit nur die großen Harnischwebstühle mit ihrem aufwändigen Überbau, ein Beispiel zeigt dieses Foto aus einem alten Glimåkra-Katalog.


Die einfachere Form des Harnischwebstuhls, englich Single Unit Drawloom, habe ich erst später wahrgenommen, sonst hätte ich es sicher vorgezogen, zuerst einen Harnischaufsatz zu bauen, u.a. weil er wesentlich weniger Teile braucht. Zudem kann man mit einem Harnischwebstuhl freier mustern, allerdings geht die Arbeit auch wesentlich langsamer vonstatten.


Das notwendige Gestell, hier auf meinen 135 Glimåkra Standard montiert, besteht im Wesentlichen aus einem vorderen Rahmen, gebildet aus hölzernen Seitenteilen, einem Metallrohr oben und zwei verstellbaren Querleisten, die untere der beiden ist mit einer Hakenreihe versehen. Im oberen Teil sind horizontale Seitenteile angebracht, die auf der Kontermarschbrücke aufliegen.
Nicht auf diesem Bild zu sehen sind die Halterungen für einen Kamm, durch den später die Harnisch-Schnüre gezogen werden. 

 

Die Zeichnung soll den Aufbau des Rahmens verdeutlichen. Sie zeigt ganz oben das vordere Metallrohr des Rahmens, darunter das weiter hinten gelegene Metallrohr, das die senkrechten Seitenteile verbindet, rechts und links die Anlenkungen der waagerechten Seitenteile, dann die Position des Kamms, darunter die hölzerne Querleiste, um die die großen Schlingen der Harnisch-Schnüre in Ruhestellung zu liegen kommen und ganz unten die Hakenleiste, mit der man die gezogenen Harnisch-Schnüre arretieren kann.


Diese Seitenteile sind im hinteren Bereich mit senkrechten Holzlatten verbunden, die unten die Aufnahme für die Musterschäfte haben und oben durch ein zweites Metallrohr verbunden sind.
Mein Webstuhl hat einen waagerechten Kontermarsch, das bedingt die Höhe der Metallrohre, da die Kontermarschhwippen sich frei bewegen können müssen. 



Diese Zeichnung zeigt den Aufbau von der Seite und die Maße der Konstruktion. Die Maße müssen möglicherweise verändet werden, je nachdem an welchen Webstuhl der Aufbau angepasst werden soll. Durch Anklicken kann man alle Bilder vergrößern, die Zeichnung lässt sich dann viel besser lesen. 


Um den Aufbau zu stabilisieren, haben wir später noch rechts und links je eine Querverbindung im unteren Seitenbereich vorgenommen. Im hinteren Teil ist die Holzleiste festgeschraubt, vorn ist sie mit einem Schlitz versehen und kann so über eine vorstehende Schraube geklappt werden.


Hier sind die Hakenleiste und die beiden Metallrohre zu sehen, in deren Enden mein Mann Schraubgewinde eingeklebt hat. (Die beiden Holzteile mit den Löchern gehören zu einer Webbank und nicht zum Harnischaufbau.)


Die Hakenleiste dient der Feststellung der Schnüre im gezogenen Zustand, die Haken bestehen aus einfachen, eingeleimten Holzdübeln, der Zwischenraum beträgt  je 2 cm.



Auf obigem Bild ist jetzt auch der Kamm zu sehen, auf dem unten eine Nahaufnahme des Kammhalters. Er ist noch nicht endgültig befestigt, da wir ihn wohl noch etwas tiefer setzen werden, um mir das Auslesen der Schnüre bequemer zu machen. Einige Maße richten sich also nicht nur nach dem benutzten Webstuhl, sondern auch nach der Größe und den Gewohnheiten der jeweiligen Weberin.


Die Einrichtung des Webstuhls geht ähnlich vonstatten wie beim Zampelwebstuhl. 
Als erstes wird die Kette aufgezogen, ich arbeite hier mit mercerisierter Baumwolle 16/2.


Dann werden die langen Musterlitzen (Texsolv 540/12) mit Gewichten beschwert. 


Wieviele Litzen jeweils mit einem Gewicht zusammengefasst werden, hängt vom Grundgewebe ab. Ich werde wieder 6-schäftigen Kreuzköper weben und muss daher jeweils 6 Litzen zu einem sog. Stich zusammenfassen.


Anders als beim Zampelwebstuhl werden die gesamten Musterlitzen auf nur wenige Schäfte verteilt, hier 3 Stück, die auf den Schafthaltern des Harnischaufsatzes aufliegen. Durch die geringe Schaftanzahl für die Bemusterung, kann man auf eine große Verlängerung des Webstuhls verzichten, wie sie bei mehr als 10 Schäften beim Damastweben mit Zampelausrüstung nötig ist.



Nun folgt der Einzug des Garns in die Musterlitzen. Ich beginne mit dem ersten Stich, also den ersten 6 Litzen des hinteren Schaftes, dann kommt der erste Stich des mittleren Schaftes und danach der des vorderen. Dann geht es zurück zum nächsten Stich des hinteren Schaftes usw. -  genauso, als würde man "geradedurch" Einzellitzen einziehen.


Sind alle Fäden auf die Musterlitzen verteilt, werden die 6 Schäfte mit den Litzen (Texsolv 300/64) für das Grundgewebe eingehängt und die Fäden werden der Reihe nach entsprechend der Patrone eingezogen.


Nach dem Litzeneinzug habe ich die Tritte aufgeknüpft.

 

Die Zeichnung zeigt Einzug, Verschnürung und Tretfolge. In dieser schwedischen Patrone stehen die  die schwarzen Quadrate für Senkung, an diesen Stellen werden also die Schäfte mit den oberen Querschemeln verbunden. Die Kreise bedeuten Hebung, also eine Verbindung der Schäfte mit den unteren Querschemeln. 
Die Aufbindung auf dem Foto sieht etwas anders aus, weil ich mir die Patronen immer so umstelle, dass ich eine schreitende Tretfolge erreiche.


Es folgt der Kammeinzug, ich benutze hier einen 70/10 Kamm und ziehe je 2 Fäden ins Riet ein.


Und dann kann die Kette an den Anlängerstab geknotet werden.


Damit die Schäfte nach dem Treten wieder in die Neutrallage zurückfallen, werden sie zusätzlich zur Aufhängung an den Kontermarschwippen mit Gummibändern versehen.


In die Harnischschnüre habe ich vorher mit Hilfe einer eigens dafür gebastelten Lehre eine große Schlinge an einem und eine kleine am anderen Ende geknotet. 
Für meine Schnüre habe ich 1 mm starke Reepschnur aus Polyester verwendet in den Farben schwarz und weiß. Gekauft habe ich das Material im Schnurhaus.


Für die Lehre haben wir an jedes Ende einer Dachlatte im Abstand von 165 cm je einen Dübel eingeleimt und zwei Markierungen für die Länge der Schlingen angebracht. Die Schnüre habe ich auf  225 cm abgelängt, auf die Lehre gelegt, jedes Ende um einen der beiden Dübel gelenkt und an den Markierungen jeweils verknotet.


Als nächstes werden die einzelnen Stiche, also in diesem Fall die 6 Litzen, die jeweils durch ein Gewicht beschwert sind, mit je einer Harnischchnur verbunden. Dafür schiebt man die kleinere Schlinge am oberen Schafthalter unter das Litzenbündel und zieht den Rest der Schnur durch.


Ich habe jeweils 5 schwarze und 5 weiße Schnüre benutzt, um später das Muster einfacher auslesen zu können.


Jede einzelne Schnur wird erst über die hintere und dann über die vordere Metallstange geführt.


Und dann vorne durch den oberen Kamm gezogen, um alle Schnüre geordnet und gleichmäßig verteilen zu können. Ich nutze hier einen 35/10 Kamm und bekomme eine gute Verteilung, wenn ich eine Schnur in jedem Riet habe. Sind alle Schnüre im Kamm, schiebt man die untere Querleiste durch die großen Schlingen und schraubt die Leiste in passender Höhe am Harnischrahmen fest. Um die Reihenfolge der Schnüre besser erkennen zu können, empfiehlt es sich, den Kamm mit einem flachen Holz oder einer Pappe zu hinterlegen.


Um nun die Muster ausheben zu können, wählt man die Schnur des ersten passenden Stiches aus, zieht mit ihr die entsprechenden Litzen, den Stich, hoch und  arrettiert die Schnur dadurch dass man sie mit ihrer Schlaufe auf einen der Haken hängt. Danach wird der nächste Stich ausgewählt usw.
Sind alle Stiche gezogen wird je nach Grundgewebe der Schussfaden eingeschossen. Bei meinem 6- schäftigen Kreuzköper bediene ich nacheinander alle 6 Tritte und lese also nach 6 Schüssen die nächste Musterreihe ein.


Das Muster, das ich eingelesen habe, ist eigentlich ein Strickmuster für Mützen, designed von Jorid Linvik. Es gibt drei unterschiedliche Motive, im ersten trabt eine Gruppe Elche durch den Schnee, das ist ein hübsches Motiv, hat mich aber nicht so fasziniert wie die folgenden beiden Jagdszenen, die ich dann als Vorlage für meine ersten Harneskversuche verwendet habe.


Beim Weben der ersten Musterborte sind mir einige Fehler unterlaufen und die Kettspannung war nicht optimal eingestellt.


Als ich die für die zweite Borte einen Breithalter eingesetzt hatte, ging das Weben besser und der Stoff wellte sich nicht mehr. Einen gleichmäßigeren Anschlagen erreiche ich aber wohl erst mit etwas mehr Übung.







2 Kommentare:

  1. danke für die ausführliche erklärung und wunderschön das motivweben!! liebe Grüße Wiebke

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  2. Ganz toll, so eine informative Anleitung ist mir noch nie unter die Augen gekommen und ich finde es unglaublich spannend. Ihr habe wenn ich das recht verstehe fast alles selbst konstruiert und das gefällt mir sehr gut.
    Wenn ich das so sehe, möchte ich gleich auch mal so was an meinem Webstuhl anbringen und Damastweben.
    Wünsche dir viel Freude am Musterausprobieren und Danke für die Anleitung.
    Liebe Güsse
    Doris

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