Vor ein paar Tagen wurde in einer Webgruppe im Internet eine Frage zum Esslinger Woll-Webapparat gestellt, bei der Wiebke weiterhelfen konnte, da sie seit langem so einen Webrahmen besitzt. Allerdings war sie nicht mehr daran interessiert, ihn zu benutzen und so machte sie mir den Vorschlag, ihn im Tausch gegen etwas schwedische Webliteratur zu übernehmen - ein Angebot, auf das ich sofort gern einging.
Gestern kam nun das große, flache Paket bei mir an. Der Esslinger Webrahmen gehört zu den einfachen Webgeräten mit fachbildender Einrichtung, in diesem Fall ist es eine Metallwendel, die es ermöglicht, die Kettfäden zu heben und zu senken.
Das Ganze funktioniert so
ähnlich, wie bei den bekannten Kinderwebrahmen, bei denen das Fach mit
einer hölzernen Drehwalze gebildet wird.
Wiebke hatte schon im Netz gesucht und war auf das Buch Weben von Ernst Kallmann gestoßen, in dem auf S. 16 im Kapitel über Drehstabgeräte auch der Esslinger Woll-Webapparat erwähnt wird.
Etwas ausführlicher beschreiben Anni Mäder und Adolf König den Webrahmen in ihrem 1962 veröffentlichten Buch Komm wir weben.
Hier gibt es eine Anleitung zum Bespannen des Rahmens und auf einer Abbildung, ist deutlich zu sehen, wie die Wendel beim Weben positioniert werden soll. Der Vorteil, dass der Rahmen sehr einfach mit einer Endlosschleife um das ganze Gerät bespannt wird, ist leider gleichzeitig auch ein Nachteil, da dadurch die maximale Kettlänge auf die doppelte Rahmenlänge beschränkt ist. Im Fall meines Gerätes ist das eine Gewebelänge von etwa 120 cm, bei einer maximalen Breite von 35 cm. Die Einteilung der Wendel ist 40/10, also 4 Fäden pro cm.
Kürzere Ketten kann man aufziehen, wenn man die hintere Rolle in eine der anderen Kerben legt. Für das Aufziehen der Kette wird empfohlen, die Wendel in die erste dieser Einkerbungen zu legen, sie ist dadurch gleichzeitig arretiert.
Beim Weben liegt die Metallrolle dann auf dem eingebauten Brettchen. Mit 2,5 cm ist die Fachhöhe, die entsteht eigentlich recht groß, viel mehr erreicht man mit den meisten Gatterkämmen auch nicht.
Das Fach entsteht durch einfaches Hin- und Herdrehen der Wendel. Sind alle Fäden eingelegt, zieht man einen dickeren Faden oberhalb der Kettfäden durch die ganze Rolle, dann über sie hinweg und verknotet ihn. Damit sind die Kettfäden gegen das Herausspringen aus ihren Rillen gesichert.
Für meinen ersten Versuch habe ich nur sehr wenige Fäden aufgezogen und die kürzeste Kettlänge gewählt. Ich hätte allerdings die Kettfäden etwas stärker spannen müssen. Da die beiden Walzen beweglich sind, rollte das Gewebe beim Anschlagen einfach weiter. Da es keine Möglichkeit gibt, die Spannung zu regulieren, habe ich die Kette dann mit einem Tütenclip abgeklemmt, das löste erst einmal mein Problem.
Der kleine Plastik-Kamm, der sich noch im Paket befand, gehörte wohl zu einem anderen Webrahmen. Bei diesem Gerät wird mit der Walze angeschlagen, das geht am besten, wenn sie in Neutralstellung steht.
Das Weben dieser ersten kleinen Farbprobe hat viel Spaß gemacht, wir überlegen aber jetzt, den Rahmen so abzuändern, dass eine etwas größere Kettlänge und eine Spannungsregulierung möglich werden.
Der Esslinger Woll Webapparat stammt wahrscheinlich aus den 60er Jahren, das Prinzip wurde aber nicht vergessen. In Italien hat Matteo Salusso mehrere Webrahmen entwickelt, die ähnlich funktionieren.
Auf der Website der italienischen Firma kann man einiges auf italienisch und englisch über den Pettineliccio Tubulare lesen und man findet einen Link zu weiteren Filmen.
Nachtrag:
Ulla Traub hat 1987 im Webe Mit Verlag die Broschüre Weben mit dem Esslinger Webrahmen herausgebracht. Eventuell ist diese Anleitung im Antiquariat zu bekommen, ich habe leider nur eine Kopie.