Samstag, 30. November 2024

Glimåkras Victoria Tischwebstuhl mit zugehörigem Trittsatz

 

Vor fast 10 Jahren habe ich in Schweden einen gebrauchten, 8-schäftigen                       Victoria  Tischwebstuhl der Firma Glimåkra gekauft.

Nachdem ich den Webstuhl einmal mit seinen 8 Handhebeln benutzt hatte, beschloss ich, ihn auf Tritte umzurüsten.

 

Bild aus einem älteren Katalog der Firma Glimåkra

Früher konnte man bei Glimåkra einen Trittsatz für 4 Schäfte kaufen, um den Webstuhl aufzurüsten.
Ich hatte aber noch nie eine zum Trittwebstuhl umgebaute Victoria in Aktion gesehen. 

Wir entschieden uns dann auch für eine etwas andere Technik, zum einen weil ich gern alle 8 Schäfte mit Tritten bedienen wollte und zum anderen, weil ich diese Tritte gern vorne und nicht hinten am Webstuhl anlenken wollte. Leider funktionierte unsere Lösung dann nicht so gut wie gehofft. Es gab zu viel Reibung und gehobene Schäfte fielen nicht zuverlässig wieder zurück in ihre Grundstellung.

Daher war es sehr spannend, dass mir in Schweden in diesem Herbst, bei der Suche nach einem kleinen Trittwebstuhl für eine Freundin, ein 8-schäftiger Victoria Webstuhl mit dem Original Trittsatz für 4 Schäfte angeboten wurde.

So konnten wir uns den Umbau, den Glimåkra für diese Anwendung entwickelt hatte, genauer anschauen und auch ausprobieren.




Um zu sehen, ob alle Teile vorhanden waren und um die Funktion zu überprüfen, haben wir den Trittsatz montiert und ich habe als Probegewebe einen Schal mit einem 4-schäftigen Wellenköpermuster gewebt.

 


 

Die Kette, sehr dunkle, auberginefarbene, mercerisierte Baumwolle unbekannter Garnstärke, etwas feiner als 16/2, kommt auf den Webstuhl.



 

Der Webstuhl von hinten gesehen: auf dem Aufsatz vorne ist mein Reedekamm befestigt und weil die Handgriffe beim Aufziehen der Kette gestört hätten, habe ich sie rausgenommen.

 

 

Nach der Verteilung der Kette im Reedekamm, kann der Litzeneinzug beginnen.

 


Dann folgt der Kammeinzug, dabei habe ich den Blattstecher von vorn, bei vorgeklappter Kammmlade, durch die Riete gesteckt und die Kettfäden doppelt in das 65er Blatt eingezogen. Das ließ sich bequem und mit guter Übersicht auf Litzen und Kamm erledigen.



Das eingezogene Webmuster, undulating rosepath, hatte ich bei Pinterest entdeckt, es stammt aus Margaret B. Windeknechts  Buch, The Rosepath Motif: An Approach to Weaving Design, 1987.



Mein Schuss ist ein glänzendes, hellgraues Garn, 8/2 Tencel von Maurice Brassard. Um den undulierenden Effekt zu erzielen wird es teils einfach und teils doppelt eingetragen. Auch beim Ketteinzug wurden auf den Schäften stellenweise 2 nebeneinanderliegende Litzen bestückt.



Das Gewebe wird beim Victoria Webstuhl über die Streichbäume geführt und dann von innen auf den Warenbaum gewickelt, dadurch hat man einen guten Blick auf die Unterseite des Gewebes, die sich beim Rosengangköper in der Musterung von der Oberseite unterscheidet. 

 

 

Ein überwendlicher Stich am Anfang und Ende des Schals, ausgeführt mit dem Schussgarn, dient der Befestigung des Gewebes.

 


Als ich den Schal dann vom Webstuhl abgenommen hatte, fiel mir auf, dass der lindgrüne Anfangsschuss, der nur dazu diente, die Fäden nach dem Anknoten besser zu verteilen, einen schönen Farbakzent gesetzt hätte. 

 


Jetzt müssen noch viele dünne Fransen gedreht werden, bevor ich den Schal mit der Hand waschen und in feuchtem Zustand bügeln werde.

 

 

Das Weben auf der zum 4-schäftigen Trittwebstuhl erweiterten Victoria ging sehr gut. Da zu dem Glimåkra -Trittsatz Querschemel gehören, konnte ich die Tritte entsprechend der Verschnürung der Patrone anbinden und so das Doppeltreten vermeiden, das bei Direktanbindung nötig ist. Die Schäfte hoben und senkten sich zuverlässig und leicht, das Fach konnte sauber eingestellt werden und war groß genug für fehlerfreies Weben mit einem der flachen, schwedischen Schiffchen. 

 


Das Gewebe fühlt sich gut an und hat einen guten Fall, dennoch bin ich nicht ganz zufrieden. Der Übergang zwischen den einfachen und doppelfädigen Bereichen erscheint mir zu abrupt und ich wüssste gerne, ob das besser wird, wenn gleichstarke Garne in Kette und Schuss verarbeitet werden.