Mittwoch, 29. Juni 2022

Weberknecht - Probeweben: Versuch und Irrtum

 

 

Weberknecht - Kapitel 3

Vor einiger Zeit hat Gerd mir neue Musterscheiben für den Weberknecht nach Schweden geschickt. Je einen Satz zum Weben mit einer Webdichte 80/10 und 60/10, also 6 bzw. 8 Fäden pro Zentimeter, sowie spezielle Musterscheiben zum Weben von Leinwandbindung.

Natürlich war ich besonders neugierig, zu erfahren, wie sich die 80/10er Scheiben verhalten würden und ich habe dafür ein Schlangenköper-Muster auf die Walze gesteckt, das ich mit Cottolin 22/2 in Kette und Schuss zu einen Sommerschal verweben wollte.

Ich glaube, auf dem Bild kann man gut erkennen, wie rau das Cottolin-Garn ist, das ich für meinen ersten Versuch mit den neuen Musterscheiben ausgesucht habe.

 
 
Beim Weberknecht haben die einzelnen Kettfäden in den sehr schmalen Spalten der 80/10 Musterscheiben verhältnismäßig viel Flächenkontakt und dadurch mehr Reibung als dies bei herkömmlichen Webgeräten der Fall ist. 
Das Weben in dieser Kombination machte jedenfalls keine Freude, da immer wieder Kettfäden beim Drehen der Walze nicht verlässlich in ihren Schlitzen blieben. 

Das bei diesem Versuch zu erfahren, war eine interessante Erkenntnis. Bei 8 Fäden pro Zentimeter ist es wohl unumgänglich ein viel glatteres Kettgarn zu verwenden. 
Das muss noch nicht bedeuten, dass Cottolin in der Kette nicht funktioniert, ich will es daher noch einmal mit einer glatteren Qualität oder 8/2 Baumwolle versuchen.
 


Nun hatte ich die Kette ja schon mal auf dem Webrahmen und das Tolle ist ja, dass man beim Weberknecht ganz einfach mitten im Gewebe die Walze wechseln kann, also entschied ich mich dafür, die recht raue Cottolinkette mit den 60/10 Scheiben auszuprobieren. 
Noch immer sollte eigentlich ein leichter Schal entstehen. Bei nur 6 Fäden pro Zentimeter würde er wohl auf jeden Fall sehr luftig werden. 
 
Ein Problem könnte allerdings dadurch auftreten, dass ich nun weniger Kettfäden benötigen würde. Ich wusste nicht, wie sich die Musterscheiben verhalten würden, wenn die Fäden nicht alle verhältnismäßig geradlinig in die Schlitze laufen.  Aber genau dazu ist unser Probeweben ja da, auszuloten, was möglich ist.
 
Auf dem Bild ist zu sehen, wie schräg die Kette rechts in die Walze läuft. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, die Fäden auf beiden Seiten zu reduzieren, um den Effekt kleiner zu halten, aber ich war neugierig  und wollte etwas Zeit sparen.
Eigentlich weiß ich, dass sowas selten die beste Idee ist, das sollte aber nicht mein einziger Fehler bleiben.

 

 
Mit den 60er Scheiben wollte ich mir nun ein Rosengang-Muster stecken. In der Kiste, die Gerd geschickt hatte, lagen die Scheiben schön geordnet nach ihren Farben. Zur leichteren  Kontrolle beim Aufstecken gibt es immer einige Musterscheiben gleicher Dicke in abweichenden Farben, diese kann man z.B. gut zum Markieren eines Rapports einsetzen. Ich habe in diesem Fall immer für die untere Spitze des Einzugs eine olivgrüne Musterscheibe benutzt. Ansonsten habe ich einfach mit den grauen Scheiben angefangen und als die zu Ende gingen mit blauen Scheiben weitergemacht.

 

 

Woran ich aber nicht mehr gedacht hatte, war die Tatsache, dass Gerd ja nicht nur Scheiben fürs Vierschaftweben mit nebeneinanderliegenden Kettfadenhebern, sondern auch Scheiben für Leinwandbindung, wie die rechte, geschickt hatte, bei der sich die Ketfadenheber gegenüberliegen. Auf die Position der Kettfadenheber habe ich also gar nicht geachtet, ich habe mich nur darauf konzentriert, die Einkerbungen am Rand in die für mein Muster erforderliche Reihenfolge zu bringen.


 
Entsprechend groß war meine Überraschung beim Anweben.
 
 

 
Auf der linken Seite des Gewebes hatte ich blaue Scheiben zur Farbmarkierung des Randmusters eingesetzt, dann hatte ich mit grauen Leinwandscheiben weitergemacht, zwischendurch aber zur Markierung je eine grüne Köperscheibe benutzt, die nun für ein kleines Muster sorgte. Als ich dann keine grauen Scheiben mehr hatte, kamen die blauen Köperscheiben zum Einsatz und am Rand zur Markierung die grünen Köperscheiben.

 
 
Mein eigentliches Muster war also nun auf 1/3 geschrumpft, abgesehen von den vielen Webfehlern, finde ich das Gesamtbild des zum Probelappen mutierten Schals aber ganz lustig.
 


Weil mir der entstehende Stoff auf dem Rahmen bei 6 Fäden pro Zentimeter sehr locker vorkam, habe ich nach einem kurzen Stück das Schussgarn gewechselt.

 

 

 

 Mein zweites Probestück habe ich mit 4-fädiger Sockenwolle im Schuss gewebt.

 

 
 
Im schwarzen Teil habe ich die Dreh-Reihenfolge 1-2-3-4 benutzt, danach bin ich der Trittfolge der oben abgebildeten Patrone gefolgt.
 
 

Dieses Bild zeigt die Rückseite  des Gewebeausschnitts.
 

 
 
Dieser blaue Teil ist Tromp as Writ gewebt, d.h. ich habe die Einzugsfolge auch als Trittfolge angewendet, also 1-2-3-4-1-4-3-2.
 
Ich habe dann nicht mehr die volle Kette ausgenutzt, weil der rechte Rand mit den schieflaufenden Fäden viel Aufmerksamkeit brauchte, da dort immer wieder Kettfäden übersprangen. Es wäre besser gewesen, ich hätte von Anfang an die Kette noch einmal abgewickelt und mit der 60er Walze auf die passende Breite gebracht.
Aber auch so habe ich einiges dazu gelernt.
 
 

Ich glaube, ich wäre ohne Not nie auf die Idee gekommen, Cottolin mit Sockenwolle zu verarbeiten, bin aber nach der Wäsche ganz begeistert von der schönen, leichten Qualität und werde diese Einstellung und diese Garnkombination wohl für mein nächstes Schalprojekt einsetzen.

Aber auch das reine Cottolingewebe in 60/10 hat nach der Wäsche einen sehr brauchbares, gut fallendes Gewebe ergeben und wäre für einen leichten Schal unbedingt geeignet gewesen.

 

Wer Lust bekommen hat, sich selbst einen Weberknecht zu bauen, kann jetzt damit anfangen. 

Die Bauanleitung für den Weberknecht steht mittlerweile für jeden, der die Lizenzbedingungen beachtet, zum Download bereit.

Das Projekt Weberknecht ist lizensiert unter einer 

Creative Commons Namensnennung - Nicht kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz


Nachtrag 20.11.2023: Kauf eines Weberknechts

Wir werden immer wieder gefragt, ob und wo man einen Weberknecht kaufen kann. Konzipiert ist der Weberknecht als Do It Yourself-Projekt. Da aber nicht alle gern mit Holz arbeiten oder gar einen 3D Drucker haben, hat Cara sich jetz bereit erklärt, in kleinem Umfang und nur auf Bestellung, Weberknecht-Webrahmen herzustellen.

Auf ihrer Website cara´s favourites, gibt es unter dem Link

Weberknecht - wie jetzt?   dazu weitere Informationen.


5 Kommentare:

  1. Mein Tipp, koche dir gequollenen Leinsamen auf, im Mixer zerkleinern , dann durch Feinsieb geben, das trage ich bei einer hakigen Kette auf, immer Stück für Stück, aber ob es feucht funktioniert , glaube ich nur bei Litzen geeignet. Liebe Grüße Wiebke

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  2. irgendwie schaut es aus, als sollte das so sein. 😉
    Solche Muster, wo der Schuss 2x in das gleiche Fach läuft, habe ich auch noch auf dem Testschirm. Ich weiß so gar nicht, wie sich das Gewebe dann verhält. Am Computer ist das immer alles schnell ausgetüftelt.

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  3. und werde demnächst selber drucken / nachbauen und berichten .. liebe Grüße
    Regina

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    1. Die Hälfte fehlt : natürlich danke sehr für die Dateien und wieder so ein tollen Post !!!
      Grüße
      Regina

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    2. Das wäre schön, Regina, wenn du über deine Erfahrungen beim Weberknechtbau berichten würdest.
      Viel Spaß und viele Grüße
      Marlies

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