Sonntag, 27. Juli 2025

Noch ein Louet Magic Dobby Webstuhl

Anfang Juni wurde in einer schwedischen  Facebook Webguppe ein Louet Magic Dobby mit einer Webbreite von 70 cm angeboten, der einer Textil- und Werklehrerin gehört hatte. Seit ihrem Tod vor 13 Jahren, hatte er auf dem Speicher des Hauses ihres Bruders gestanden und sollte nun von dessen Kindern verkauft werden, die keinerlei Ahnung von Weben und Webstühlen hatten.

Die Bilder in der Anzeige waren nicht sehr aufschlussreich und eine Webfreundin, die ich auf die Anzeige aufmerksam gemacht hatte, hatte nach einer Besichtigung des Webstuhls Abstand vom Kauf genommen, da sie sich nicht sicher war, ob alle Zubehörteile tatsächlich noch vorhanden waren und ein Zukauf von Teilen bei Louet ja meist sehr teuer ist.



Weil das Angebot recht günstig war und ich mir dachte, dass es schön wäre auch einen Dobby in Schweden zu haben und vor allem, dass ich fehlende oder kaputte Kunststoffteile im 3D Druck selber herstellen könnte und im Falle fehlender Wahlleisten - zumindest erst einmal - einige von meinem deutschen Dobby Webstuhl entbehren könnte, habe ich dann die Verkäufer kontaktiert.

 

 

An Pfingstmontag, der in Schweden kein Feiertag ist, machten wir uns dann auf den Weg zum Standort des Webstuhls in der Nähe von Ystad. Vor Ort stellte sich heraus, dass sowohl Wahlleisten, ein Webgewicht und auch eine Standlade zum Angebot gehörten. Der Webstuhl selbst war zusammengeklappt und sehr eingestaubt, aber ich hatte die Hoffnung, dass sich alles nach vorsichtiger, aber gründlicher Reinigung wieder bewegen lassen würde.

Zusätzlich luden wir noch 3 Pappkartons in unseren Bus, sie waren vollgestopft mit Zeitschriften: Hemslöjden, Väv Magasinet, Weaver´s, Weaver´s Journal, Handwoven und Shuttle-Spindle-Dyepot, sowie mehreren schwedischen, dänischen und amerikanischen Webbüchern, darunter einige vergriffene Raritäten.

 


Auf dem Webstuhl war noch eine aufgezogene und angewebte Kette, deren Fäden allerdings locker und wirr waren.

 

 

 Trotzdem wollte ich diesen schmutzigen Kettrest gern irgendwie abweben.

 


 

Also habe ich erst einmal das angefangene Webstück abgeschnitten.

 


Die aufgezogene Kette bestand aus Baumwolle, vermutlich 16/2, doppelt eingezogen in einen 80/10 Kamm, kam also auf 16 Fäden pro Zentimeter. 
 

 


Das ergab einen recht festen, dichten Stoff. Ich vermute, es handelte sich bei der geringen Webbreite von nur 21 cm um ein Probegewebe, dafür sprach auch, dass die Vorbesitzerin  Ann-Lovisa zuerst ein Herzmuster gewebt und dann bei einem Zickzack-Muster verschiedene Schussfarben ausprobiert hatte.


Nachdem ich die Kette etwas nachgespannt und wieder angeknotet hatte, habe ich ungefähr die Hälfte der vorhandenen, mit Steckern bestückten Wahlleistenkette aufgelegt, angefangen bei Leiste Nr. 1, um zu sehen, was für ein Muster entstehen würde.

 


 Wie vermutet erschien beim Weben das Zickzack-Muster.

 


Zusätzlich zu der bestückten Dobby-Kette waren überraschenderweise in einer der Kisten noch weitere Wahlleisten aufgetaucht, so dass ich insgesamt auf 100 Stück komme. Ein Zukauf wird also kaum nötig sein.

 

 

Für das vorhandene Muster waren alle 24 Schäfte benutzt worden, die Fäden waren einzeln,  "geradedurch" eingezogen, von Schaft 1-24. Die Baumwollkette war zweifarbig, 1 grüner und 1 rosafarbener Faden wechselten sich ab, nach etwa 2/3 der Gewebebreite ändert sich die Farbreihenfolge auf 1 rosa, 1 grün.  

Das schmale Gewebe war mir zu dicht und irgendwie auch etwas zu unspektakulär für 24 Schäfte.  Also beschloss ich nach anderen Mustern mit gleichem Einzug bei Handweaving.net zu suchen. Wegen der zweifarbigen Kette probierte ich erst jedes Muster in meinem Webprogramm aus, um zu testen, ob trotz des Farbwechsels in der Kette die Grafik des Musters erkennbar bleibt, was tatsächlich nicht in allen Fällen der Fall war.

 


Um ein etwas leichteres und auch etwas breiteres Gewebe zu bekommen, habe ich dann noch die Einteilung geändert. Die neu angefangene Kette also noch eimal abgeschnitten und dann in einen 60/10 Kamm, mit doppeltem Faden im Riet, eingezogen. So hatte ich nun 12 Fäden pro Zentimeter und das ergab eine Webbreite von 28 - 30 cm je nach Schussmaterial.

 


 

Das Weben ging leider nicht fehlerfrei vonstatten, die alte Kette war doch an vielen Stellen nicht optimal gespannt und immer wieder klebten einzelne Fäden regelrecht zusammen.

Aber für einen Probelappen fand ich das aber nicht so wichtig, dafür dass ich auf dieser Restkette immerhin noch 7 verschiedene 24-schäftige Muster ausprobieren konnte.

 

 

Schließlich ist es immer beeindruckend, den Unterschied zwischen Patrone und wirklichem Gewebe zu sehen und ich finde, ein paar Fehler stören in dem Fall den Gesamteindruck nicht allzu sehr.

 

 Muster 1:

 


Für dieses Muster von Ingrid Boesel wurden 48 Wahlleisten gebraucht, gewebt  habe ich mit Baumwolle 16/2.

 

 

Auf den oberen Bildern sieht man jeweils die Sichtseite beim Weben und das letzte Bild zeigt die Rückseite. 

 

 

In diesem Fall ist die Wirkung interessanterweise recht unterschiedlich, unabhängig davon, dass dieses 2. Bild keine Nahaufnahme ist. 


Muster 2:

 

Dieses Muster von Ralph E. Griswold brauchte 26 Wahlleisten.

 

 

Ich habe hier verschiedene Schussmaterialien und Farben verwendet. 

Oben im Bild weiße Baumwolle 16/2, darunter feine Merinowolle in grün und rot.




Hier habe ich wieder Baumwolle 16/2 in dunkelblau verwebt. Ich fand, dass diese Farbe mit den Kettfarben ganz gut harmonierte und habe daraufhin das Garn bei allen Musterproben eingesetzt.

Die Fotos der beiden Gewebeseiten sind wieder mit unterschiedlichem Abstand zum Stoff aufgenommen.



Muster 3:



 24 Wahlleisten, gewebt mit dunkelblauer Baumwolle 16/2, Muster von Eugenio Poma


 

Auf diesen Bildern erkennt man ganz gut den Unterschied zwischen der roa-grünen und der grün rosafarbenen Kette außerdem die Wirkung eines lockeren und eines dichteren Anschlags. Der Unterschied zwischen Vorder und Rückseite fällt dagegen kaum auf.



Muster 4:

 


24 Wahlleisten,  gewebt mit dunkelblauer und weißer Baumwolle 16/2, sowie lindgrünem Viskosegarn, Muster entwickelt von Tien Chiu.

 





Muster 5:

 


26 Wahlleisten, feine, grüne Merinowolle, weiße und blaue Baumwolle 16/2 im Schuss, Muster von Ralph E. Griswold.




Muster 6:

 

 

28 Wahlleisten,  Schuss: Baumwolle 16/2 in weiß und blau, Muster: Ralph E, Griswold.

 


Hier sind die beiden Seiten wieder unterschiedlich gemustert, was besonders bei dem Abschnitt mit dem weißen Schuss auffällt.

 



Muster 7:  

 

24 Wahlleisten, blaue Baumwolle 16/2 und feine, grüne Merinowolle im Schuss, Muster: Ingrid Boesel
 

 

Ich fand es interessant, dass die beiden letzten Patronen in der Grafik recht ähnlich wirken, sich aber gewebt sehr deutlich unterscheiden. 

Auch die beiden Seiten dieses letzten Musters fallen unterschiedlich aus.