Alle diese Begriffe zu kennen ist praktisch, wenn man nach Informationen zur Benutzung dieses Spezialkamms sucht, denn allzu viele Einträge gibt es nicht im Internet.
Die Schwedin Kerstin Fröberg hat auf ihrem englisch geschriebenen Blog Kerstin´s Extras viele Informationen zum Thema, bei Birgitta findet man einiges auf schwedisch und
Mette Frøkjær aus Dänemark hat häufig über ihre Webereien mit dem viftekam berichtet.
Alle diese Beiträge waren sehr hilfreich für meine Freundin Anna und mich bei unserem gemeinsamen Projekt.
Anna hatte schon vor längerer Zeit bei der Auflösung einer Webwerkstatt einen Fächerkamm gekauft , den sie bisher aber noch nie benutzt hatte. Da gerade einer meiner Webstühle unbespannt war, beschlossen wir, diesen Kamm endlich einmal auszuprobieren.
Der Zeitpunkt war gut gewählt, gerade war ein neues Buch erschienen: Norma Smayda, Gretchen White, Ondulé Textiles, Weaving Contours with a Fan Reed, Schiffer Publishing Ltd., 2017. Ein tolles Buch das auf 160 Seiten viele Information und Anregungen bietet. Besonders hilfreich waren für uns einige Bilder, die zeigten, wie die einzelnen Holzteile zusammengehörten, die beim Kauf des Kamms dabei gewesen waren.
Eine solche Hebevorrichtung hatte ich bis dahin noch nicht gesehen. Meist wird ein Fächerkamm einfach mit Texolvschnüren frei aufgehängt und mit Hilfe der Löcher in der Schnur und Pfeilsteckern gehoben oder gesenkt.
Diese hölzerne Hebevorrichtung stammt offenbar von Öxabäck und ich habe im Online-Katalog von Ak:s Snickeri gesehen, dass sie dort beim Webzubehör unter dem Namen skedlyft auf Anfrage immer noch zu haben ist.
Der Aufsatz wird am oberen Querholz der Hängelade durch Klemmung so befestigt, dass keine Löcher gebohrt werden müssen.
Die schrägen, beweglichen Arme der Hebevorrichtung werden dann mit Texsolvschnüren mit den seitlichen Teilen der Lade verbunden, die Stecker, die die Lade normalerweise halten, müssen natürlich entfernt werden, damit die Lade auf-und niedergleiten kann.
Der Kamm wird dann ganz normal in die Lade eingesetzt.
Die Bedienung erfolgt dann über den Hebel am Mittelteil. Er kann in 6 verschiedene Stellungen einrasten. In der untersten hängt die Lade am höchsten und die Fäden laufen durch den unteren Kammbereich.
Als Kettmaterial verwendeten wir, wie im Buch, schwarze Seide 60/2 und Anna webte ihren Schal mit schmalen roten Längsrändern aus mercerisierter Baumwolle 30/2.
Unsere Schals haben wir in Leinwandbindung mit schmalen Streifen in ungleichseitigem Köper auf 6 Schäften gewebt. Die Streifenverteilung erforderte etwas Rechenarbeit. Wir wollten mit 14 Fäden/ cm weben.
Jeder V-förmige Abschnitt besteht bei unserem 70er Kamm aus 35 Schlitzen. Wir haben jeweils 6 Fäden für die Köperbindung eingezogen und 64 in Leinwandbindung. Das macht zusammen 70 Fäden und bei 2 Fäden im Riet konnten wir jeweils einen V-förmigen Abschnitt damit so einziehen, dass die Köperstreifen an den Rändern zum umgekehrten V-Abschnitt lagen.
Anna hat ihren Schal mit Tussahseide 20/2 im Schuss gewebt und die Höhe des Kamms nach jeweils 8 Schüssen um eine Rastung verstellt, von unten nach oben und zurück.
Das Gewebe warf ganz schön Falten auf dem Webstuhl, trotz Einsatz des Breithalters. Wir haben beim Weben festgestellt, dass es sinnvoll ist, die Kette nicht zu fest zu spannen und immer nur eine kleine Strecke zu weben, damit der Anschlagwinkel des Kamms nicht zu stark verändert wird. Das sehr leichte und glatte Plastikschiffchen, das ich irgendwann einmal in Schweden beim Loppis gefunden habe, erwies sich als tolles Webwerkzeug für diese feine Kette.
Die drei Spulen in der Mitte sind übrigens stillgelegte Kettfäden, ich hatte wegen eines Berechnungsfehlers ein paar Fäden zu viel in die Litzen eingezogen.
Schon von Anfang an war der Kontermarsch bei dem schmalen Gewebe abgesackt. Um ein besseres Gleichgewicht herzustellen, habe ich daher ganz außen einen Tritt nur an die unteren Latten angebunden und diesen zusätzlich mit 500 g beschwert. Am schnellsten zur Hand war da ein Paket Bohnen, das ich einfach mit einem Stoffstreifen an den Tritt gebunden habe. Danach ging das Weben wunderbar.
Für meinen Schal habe ich gefachte Wolle 27/3 in weiß eingeschossen.
Ich habe die Trittfolge, entsprechend dem oberen Teil der Patrone, nach den ersten 4 Schüssen umgekehrt und alle 7 Schüsse die Höhe des Kamms um eine Rastung geändert.
Der ungleichseitige Köpereinzug bewirkt, dass der Schal auf der einen Seite weiße Musterränder, auf der anderen schwarze hat.
Auch mit diesem Schussmaterial entstehen reichlich Falten im Gewebe.
Es zeigte sich, dass nach dem Abweben beider Schals noch ein Kettrest übrig war. Dafür habe ich 16/2 mercerisierte Baumwolle als Schuss verwendet und bei durchgehender Trittfolge alle 4 Schuss die Höhe des Kamms geändert.
70 cm konnte ich noch weben, dann war Schluss!
Ich hoffe, dass Anna ein Bild schickt, wenn sie Zeit gefunden hat, ihren Schal fertig zu stellen und wir dann die Qualität beurteilen können. Im rohen Zustand wirkt er etwas steif im Griff, das war aber auch bei meinen Geweben der Fall.
Nach der Handwäsche habe ich den Schal mit einem feuchten Tuch gebügelt und konnte feststellen, dass die Falten dadurch verschwanden. Zurückgeblieben sind lediglich kleine Ausbuchtungen, die dem Stoff eine durchaus interessante Dreidimensionalität geben.
Durch die schwarze Seidenkette und den weißen Wollschuss wirkt der Schal hellgrau mit dunklergrauer Schattierung und weißen Musterrändern auf der einen und schwarzen auf der anderen Seite. Er ist sehr leicht und dünn hat einen schönen Fall. Er ist 184 cm lang und 25 cm breit. Recht hübsch finde ich die gebogten Ränder.
Das Reststück reichte noch für einen kleinen Cowl. Auch beim Baumwollschuss verschwanden die scharfen Falten. Das Gewebe ist etwas fester im Griff, lässt sich aber noch angenehm tragen.