Mittwoch, 26. August 2015

Vävpärmen - Webmustermappe

Ich bin Mitglied der skandinavischen Facebookgruppe Vävpärmen. In der Gruppe geht es darum, zu einem bestimmten Thema einen Stoff zu weben, um dann Stoffproben und Patrone an die im Projekt aktiven Teilnehmer zu verschicken.
Es findet gerade der zweite Umgang statt, 24 Weberinnen erstellen ein Drellgewebe (dräll), Bedingung ist die Verwendung von Leinen und eine geografische Zuordnung des Musters.

In Schweden gibt es etliche Gegenden, für die bestimmte Drellmuster charakteristisch sind, Daldräll, Jämtlandsdräll, Östgötadräll sind nur die bekanntesten Beispiele, es sind üblicherweise vereinfachte Drellgewebe.. 
Beim echten Drell entsteht das Muster durch den partieweisen Wechsel von Kett- und Schusseffekten, dafür werden mindestens 6 Schäfte benötigt, meist handelt es sich aber um 8 oder 10-schäftige Gewebe.


Diese 8-schäftige Drell-Tischdecke habe ich 1990 gewebt, nach einem Muster aus der Väv 4/1984. Die Kette ist 30/2 Baumwolle, ungebleicht, der Schuss aus dem gleichem Material mit gefärbtem Garn.
Die vereinfachten Drelle benötigen dagegen nur 4 Schäfte und 6 Tritte, es wird aber mit zwei Schiffchen geschossen, einem Grundschuss und einem Musterschuss.
In deutschen Webbüchern herrscht eine ziemliche Sprachverwirrung wenn es um Drell geht, Marianne hat dazu schon vor einiger Zeit einen interessanten Blogbeitrag auf deutsch und schwedisch gemacht. Jedenfalls habe ich kein typisch deutsches Muster gefunden, das ich in diesem Zusammenhang hätte weben wollen.

Also habe ich die Anforderung der geografischen Zuordnung nach Übersee verlegt.

Die Weberin Mary Meigs Atwater (1878-1956) hatte zu ihrer Zeit großen Einfluss auf die amerikanische Weberszene. 1922 gründete sie die Shuttle Craft Guild, verfasste einige wichtige Webbücher, z.B. 1928 das Shuttle Craft Book of American Handweaving und machte den Jämtlandsdräll in USA bekannt, sie gab dieser Webart den Namen Crackle. 


Mit Crackle hatte ich mich bisher nur theoretisch beschäftigt, letztes Jahr hatte ich mir zwei Bücher zum Thema gekauft.
Weave Classic Crackle & More von Susan Wilson, 2011 erschienen bei Schiffer Publishing Ltd. und A Crackle Weave Compagnion von Lucy M. Brusic, 2012, Kirkhouse Publishers.
Dann war ich vor einiger Zeit auf einen Artikel gestoßen, den Mary Meigs Atwater etwa 1945 veröffentlicht hatte, Notes on the Crackle Weave, erschienen in 
Practical Weaving Suggestions Vol V, Nr 2 
 


Der Artikel enthält mehrere Mustervorschläge, die aber, bis auf eins, nur als Partiemuster gezeichnet sind.
Das machte es für mich besonders reizvoll, eines dieser Muster tatsächlich einmal zu weben. Meine Wahl fiel auf  A Modern Arrangement.



Um einen besseren Eindruck zu bekommen, habe ich erst einmal das Detailmuster in mein Webprogramm eingegeben und dann überlegt, welche Garne passen könnten.




In meinen Vorräten fand ich graues Baumwollgarn 24/2, das mir als Kette geeignet erschien.


Um mir das Einziehen der 837 Fäden zu erleichtern, hatte ich mir eine Zahlentabelle gemacht, nach dem Motto  > 6 Mal  Schaft 1-2-3-2 < usw.
Bei dieser Übertragung ist mir aber leider ein Fehler unterlaufen. Beim Anweben musste ich feststellen, dass sich an einigen Stellen keine Leinwandbindung ergab. Nach längerer Fehlersuche fiel mir dann auf, dass in den entsprechenden Bereichen eine Litze auf dem falschen Schaft lag.


Meine kleine Unachtsamkeit hatte zur Folge, dass ich schließlich 24 Reparaturlitzen basteln und einknoten musste. Danach stellte ich dann noch fest, dass das Muster nicht richtig abgebildet wurde. Ich war faul gewesen und hatte nicht alle Tritte neu verknotet sondern geglaubt, einfach nur die Tretfolge umstellen zu können - das war leider ein Fehlschluss gewesen...


Nachdem ich die richtige Anknüpfung erledigt hatte, lief aber alles wie es sein sollte. Der Grundschuss ist aus dem gleichen Material wie die Kette, der Musterschuss Leinengarn 16/1.


Die Farbkombination grau-schwarz fand ich gut, trotzdem wollte ich auch gern mit etwas Farbe experimentieren. Auf dem Webstuhl gefiel mir das Muster mit dem türkisfarbenen Garn nicht so gut, daher habe ich als zweite Farbe weiß eingesetzt.


Als der Stoff dann abgeschnitten war, machte der blaue Bereich auf mich einen ganz anderen Eindruck. Jetzt überlege ich, ob ich die restliche Kette farbig abwebe.


48 Musterproben, etwas größer als die geforderten 15 x 15 cm, sind jetzt fertig für den Versand, jeweils 24 Stück roh vom Webstuhl und 24 Stück gewaschen und kaltgemangelt. Jetzt muss ich nur noch die Dokumentation erstellen. Jeder Weberin werde ich eine schwarze und eine weiße bzw. blaue Probe schicken, um so auch die unterschiedliche Farbwirkung zu dokumentieren.
Das Projekt endet Mitte Oktober, bis dahin soll jede Teilnehmerin ihre Musterproben bekommen haben. Ich freue mich jetzt schon auf die swatches, die ich bekommen werde und darauf, meinen Drellmuster-Ordner zusammenstellen zu können.



Samstag, 8. August 2015

Sammelsucht

Ich kann es einfach nicht lassen, läuft mir beim Loppis ein Webstuhl über den Weg, der irgendwie noch irgendwo hinpassen könnte, wird er eingepackt.
In den ersten Schwedenmonaten ist das nun schon wieder drei mal passiert.


Meinen ersten Fund habe ich Ende Mai im Miljöhuset Oskarshamn gemacht. Der kleine Webstuhl hat 4 Schäfte und 4 Tritte, ist ca. 50 cm lang und am Brustbaum 36 cm hoch und stand für 50 Kronen zum Verkauf, das ist etwas mehr als 5 Euro.


Er ist nicht ganz vollständig aber die fehlenden Teile kann man leicht nacharbeiten und einen niedrigen Kamm, den ich aber noch einkürzen muss, habe ich auch schon gefunden. 


Ungewöhnlich ist die Unterbringung beider Bäume im hinteren Teil des Webstuhls, aufwändig deren Bedienung von vorn mit Hilfe von Metallhebeln. Wozu er dienen sollte, ist mir schleierhaft, darauf weben können eigentlich nur Zwerge. Wahrscheinlich ist es einfach ein Demonstrationsmodell. Ich will jedenfalls irgendwann versuchen eine Kette aufzubringen.


Vier Tage später bin ich in einem Emmaus-Flohmarkt auf einen Glimåkra Ideal Webstuhl mit 100 cm Webbreite gestossen. Zuzüglich passender Webbank, zwei Breithaltern und einem 30er Kamm habe ich dafür 290 Kronen bezahlt. Der Webstuhl hatte  allerdings nur zwei Tritte und es fehlten die Sperrklinkenräder. Dennoch war das Ganze ein toller Deal. Ich konnte die Sitzbank gut für meinen neuen Victoria Webstuhl gebrauchen und in der Vävstuga hatten wir die passenden Zahnräder von einem 60 cm breiten Ideal, dem aber fast alle Bäume fehlten.


Nachdem mein Mann uns einen 8-schäftigen Kontermarsch mit den nötigen Querlatten gebaut hat und aus einem alten, ausgesonderten Buchenwebstuhl 8 Tritte entstanden sind, steht der Webstuhl nun in der Vävstuga in Virserum und wartet auf seine erste Kette.


In der letzten Juliwoche bin ich dann noch bei Erikshjälpen in Vimmerby über einen Tischwebstuhl der Firma John A. Thulin aus Norrköping "gestolpert". Das Gerät hat zwei Schäfte und etwa 65 cm Webbreite.


Webbereit mit aufgezogener Cottolinkette und einem Schiffchen habe ich 75 Kronen für das gute Stück bezahlt. Auf der Suche nach Information über diesen Webstuhl bin ich bei Fale Artut fündig geworden. Dort konnte ich sehen, dass meinem Webstuhl eine kleine Rückholfeder am Schaftaushebemechanismus fehlt. Ich hatte an die entsprechende Stelle einfach ein Gummiband gespannt, um erste Webversuche machen zu können. Ich werde meinem neuen Webstuhl wohl auch Tritte anbauen, ähnlich wie die bei Fale Artut. Damit geht das Weben einfach schneller vonstatten.


Die Kette sitzt etwas seltsam auf dem Webstuhl und ist mit 4 Fäden pro Riet in einem 50er Kamm sehr eng eingestellt. Da ich mit einem so schmalen Läufer in gelb/grün auch nichts anfangen kann, werde ich den Kammeinzug ändern und dann mit der neuen Einstellung 100/10 und Leinenschuss Handtücher daraus weben.

Momentan sind wir auf Stippvisite in Deutschland, für kurze Zeit wird es daher wohl keine Neuzugänge an Webstühlen geben, ich glaube mein Mann ist recht froh darüber...