Montag, 27. Mai 2013

Webreise nach Östergötland

Seit Anfang des Jahres bin ich Mitglied der landesweiten schwedischen Webervereinigung Riksföreningen för Handvävning. Der Verband ist in 18 Regionen unterteilt und ich bin aufgrund meines Wohnorts den Sydostväverna zugeordnet worden.
Da ich erst im Mai wieder nach Schweden kam, konnte ich bisher an den Treffen meiner Gruppe nicht teilnehmen, aber dafür nun die Webreise nach Östergötland mitmachen. Ein ganzer Reisebus voll Weberinnen von Syostvävarna, und Mitglieder aus vävstugor der Umgebung startete letzten Freitag von Västervik aus nach Linköping.
Unser erstes Ziel war Östergötlands Läns Hemslöjd



Das schöne Ladengeschäft mit qualitativ hochwertigem Kusthandwerk, kannte ich schon von früheren Besuchen in Linköping.



Dieses Mal ging es über den netten Innenhof in das hintere Gebäude, in dem wir erst einmal Kaffee tranken.


Danach hielt die zuständige Hemslöjdkonsulentin, Ann-Sofie Svansbo, einen interessanten Vortrag über Östgötadräll, einem ortstypischen 8-10 schäftigen Drällgewebe, das ursprünglich mit Leinenkette und Wollschuss gewebt wurden. Die Kopien, die nach den alten Vorlagen heute dort verkauft werden bestehen aber aus Baumwolle und Wolle.


Im Obergeschoss konnten wir noch die kleine Webwerkstatt besichtigen, die für Kurse zur Verfügung steht.





Unser nächstes Ziel war Löfstad Slott.



Das im 16. Jahrhundert erbaute Schloss war bis 1926 bewohnt. Die letzte Schlossherrin war unverheiratet und kinderlos und hinterließ ihren Besitz Östergötlands Museum und Riddarhuset, also dem schwedischen Adel, mit der Auflage das Schloss zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.


Nach einem Mittagessen im angegliederten värdshus hatten wir die Möglichkeit an einer Führung durch die Räumlichkeiten des Schlosses


Dann kam für mich der Höhepunkt der Reise, ein Besuch der Björke Vävstuga zwischen Finspång und Skärblacka.



Björke Vävstuga ist eine mechanische Weberei, mit einem großen Café für Besuchergruppen,


einem sehr netten kleinen Café für Einzelreisende,


liebevoll gestalteten Ausstellungsräumen in mehreren Gebäuden auf dem Gelände und einem Laden, in dem die eigenen Produkte verkauft werden.





Aber was mich am meisten fasziniert hat, war die Besichtigung der Weberei.



Als wir dort waren, wurde an den Webstühlen nicht mehr gearbeitet, das war praktisch fürs Fotografieren und offenbar schonend für die Ohren.


Ich finde es immer wieder unglaublich, dass es möglich ist, auf ölgetränkten Metallmonstern blendend weiße Stoffe zu weben.





Oben am Webstuhl sieht man den Schaftaushebungsmechanismus, der an Kontermarschwippen erinnert.


Der gleiche Webstuhl vom Weber aus gesehen.

 

Hier sieht man das Schiffchen in der Schussvorrichtung, oberhalb sind weitere Schussspulen gelagert.


Die Spulmaschine


auf der die hölzernen Schussspulen bewickelt werden.







Das Werkzeug , das in dieser Weberei benötigt wird, unterscheidet sich doch etwas von dem, was unsereiner so braucht.


Aber bei dem Tempo können wir ja auch nicht mithalten.


Bei diesem Webstuhl aus dem Jahr 1968 schlägt der Kamm ca.140 mal pro Sekunde den Schuss an, für 1 cm werden 17 Anschläge gebraucht, das macht 8,24 cm pro Minute oder 4,9 m pro Stunde.


Ganz links ist an diesem Webstuhl die Lochkartenvorrichtung zu erkennen, die die Schaftaushebung steuert.


Im Nebenraum stehen zwei Maschinen, mit denen diese Lochkarten geschlagen werden.


Die fertigen Lochkarten werden säuberlich gerollt und mit einer normalen Wäscheklammer versehen aufbewahrt. Auf der Klammer steht jeweils die Bezeichnung für das Muster.


In den Wannen sind bestimmte Mustergruppen zusammengefasst, hier z.B. schmale Karten für Läufer und Servietten


 Im hinteren Teil des Raums werden die langen Ketten geschärt.


 Noch einmal im Detail der Konenständer



Die Konen werden offenbar an dem Gerät rechts im Bild gewickelt. Im Regal oben liegen Unmengen von Kämmen.


Gegenüber sind fertige Geschirre gelagert, Kettreste des letzten Gewebes, die schon in die Litzen und den Kamm eingezogen sind. Die einzelnen Fäden der neuen Kette müssen also nur angeknotet werden, das erspart eine Menge Zeit.


Ich hätte mich stundenlag in dieser Weberei aufhalten können, es wäre sicher noch vieles zu entdecken gewesen.


Insgesamt war das eine ungemein spannende Webreise und besonders schön war es, dass ich einige meiner Blogfreunde kennenlernen konnte, 
Marianne, von Kristdala Vävstuga, Eva-Lena von Trollgarn und 
Monika von Mina fingrars verk. Bei allen gibt es weitere Berichte zu unserer Webreise.







Donnerstag, 23. Mai 2013

Stickutmaning Mai 2013

Im Monat Mai sind wir KAL-Teilnehmer der Strickherausforderung 2013 auf Ravelry aufgefordert, mit einer für uns neuen Faser zu experimentieren. Es ist auch möglich, das unbekannte Material zu verspinnen, es muss nicht unbedingt gestrickt werden.
Als ich 1980 mein Louet S 10 kaufte, habe ich aus reiner Neugier gleichzeitig die verschiedensten Spinnfasern mitgeordert. Die Wolle und die Wolle-Seide-Gemische hatte ich schnell versponnen, Seide und Flachs zum größten Teil aber meine Baumwoll und Ramievorräte sind noch fast vollständig vorhanden. Nach kurzem Probespinnen habe ich damals bei beiden Materialien schnell aufgegeben. 




Ramie  oder Chinagras ist eine ursprünglich aus Ostasien stammende Nesselpflanze, versponnen ist die Bastfaser sehr reißfest, da die einzelnen Fasern eine große Stapellänge haben, allerdings ist der Faden auch recht unelastisch, weshalb er in der Textilindustrie meist zusammen mit anderen Fasern verarbeitet wird. Sehr schön ist der seidenähnliche Glanz des Materials.




Es war wirklich eine Herausforderung, diese Faser zu verspinnen und ich kann auch nicht behaupten, dass es mir besonders gut gelungen ist. Die Menge, die ich mir eingepackt hatte, um sie hier in Schweden auf meinem Spinnrad zu verarbeiten, habe ich brav verbraucht, es wird aber sicher eine Zeit dauern, bis ich mich ein weiteres Mal daran mache,  meinen Ramie-Vorrat zu reduzieren. Um besser spinnen zu können, habe ich den Kammzug der Länge nach gedrittelt, dabei lösten sich jeweils etliche der sehr glatten und leichten Fasern, also habe ich lieber draußen gearbeitet, in der Wohnung wollte ich nicht überall die fluffigen Fasern herumfliegen haben.



Eigentlich wollte ich das Material dünner verspinnen, um es verzwirnen zu können. Ich musste aber feststellen, dass ich es nicht schaffte, einen gleichmäßig dünnen Faden herszustellen, also habe ich versucht ein Single zu erzeugen, dass ich eventuell als Effektgarn in einem Gewebe verwenden kann.


Da es sich aber ja ursprünglich um eine Strickherausforderung handelt, habe ich einen kleinen Probelappen mit 3er Nadeln erstellt. Hier kann man gut erkennen, wie ungleichmäßig mein Faden geworden ist. Verstrickt hat das Material einen sehr angenehmen Griff, es fühlt sich glatt und kühl an, vielleicht sollte man doch noch mal das Spinnen von Ramie  üben, üben, üben.....




Draußen ist es herrlich, der Flieder blüht.




Freitag, 17. Mai 2013

Virserums Vävstuga

Als wir 2006 unser Haus kauften und uns mit unserem neuen Wohnort vertraut machten, war ich völlig fasziniert von der Tatsache, dass es in Virserum eine vävstuga gibt.
Immer wenn ich in früheren Jahren in Väv-Magasinet und Hemslöjd-Zeitschriften Berichte über diese schwedischen Webtreffs las, hatte ich mir gewünscht, wir hätten in Deutschland auch solche Möglichkeiten.
Wer im schwedischen Wikipedia den Begriff vävstuga nachschlägt, erfährt, dass es in Schweden heutzutage 613 dieser Einrichtungen mit 5376 Webstühlen und 9344 Mitgliedern gibt.
89 % der vävstugor sind ideele Vereinigungen, Zusammenschlüsse von Webinteressierten, die Miete und Heizkosten durch Mitgliedsbeiträge oder zum Teil auch durch Verkäufe ihrer Produkte aufbringen. Nur der geringste Teil wird öffentlich oder z.B. kirchlich bezuschusst. Obwohl das Wort stuga, Hütte bedeutet, sind nicht alle vävstugor  in eigenen Gebäuden untergebracht.




Nachdem unsere Renovierungsarbeiten nun nicht mehr die ganze Freizeit in Anspruch nehmen, hatte ich im letzten Herbst an die Tür der Virserumer vävstuga geklopft und wurde daraufhin von zwei sehr freundlichen Weberinnen eingelassen und herumgeführt. 
Im Frühjahr habe ich schließlich, noch von Deutschland aus, Ann-Marie, die Leiterin der vävstuga angeschrieben und gefragt, ob es noch einen freien Platz gibt. Nun war ich schon zum zweiten Mal beim wöchentlichen Treffen mit Kaffee und  selbstgebackenem Kuchen, habe mittlerweile die meisten der 22 Weberinnen kurz kennengelernt, bin im Besitz eines Schlüssels und fange morgen an zu weben.



Auf zwei Etagen stehen eng an eng insgesamt  26 große bis sehr große Webstühle verschiedener Fabrikate und jeden Alters.



Wenn ein Webvorschlag gemacht wird, tragen sich Interessenten in eine Liste ein und geben an, wieviele Meter sie jeweils weben möchten, danach berechnet sich dann die Kettlänge, Kettlängen von 30 m sind dabei nicht ungewöhnlich.



Hier sind gerade ein paar Decken in verschiedenen Farbstellungen fertiggeworden. Drällgewebe sind sehr praktisch, die Kette kann einfarbig aufgezogen werden und jede Weberin kann ihren Teil nach eigenen Farbwünschen gestalten.





Hier entsteht ein Flickenteppich.


Ein gubbväv im gebundenen Rosengang wird vom Webstuhl abgeschnitten.


Dieser alte, allmogeblå gestrichene Webstuhl brauchte offenbar nur ein paar neue Teile


und ist nun  wieder voll einsatzfähig.



Hinter dem blauen Webstuhl kann man den einzigen Kontermarschwebstuhl der vävstuga sehen. In Schweden wird viel häufiger als bei uns am sog. trissvävstol, also mit Rollenzug gearbeitet. Da werde ich mich wohl etwas umgewöhnen müssen.




Diese beiden Bilder zeigen den Blick aus den Fenstern des oberen Stockwerks.  Man sieht, der Frühling hat sich nun auch in Schweden durchgesetzt.







Im oberen Webbereich steht vorn ein älterer Webstuhl mit einer interssanten Weblade. die meisten schwedischen Webstühle haben eine Hängelade und bei den finnischen ist die Standlade weit verbreitet, hier wird die Kammlade waagerecht an das Gewebe geschoben.











Rips und Munkabälte




Diese praktische Aufbewahrung für die Einlegeleisten kannte ich noch gar nicht. 




Wer sich noch in anderen vävstugor umsehen möchte, der könnte z.B. einmal 
Kristdala vävstuga , ganz in meiner Nähe  oder Nästansjö Vävförening , hoch im Norden liegend, einen Besuch abstatten. 

Informationen zu weiteren vävstugor gibt es bei hemslöjd.org